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Der Fahrsimulator – ein virtueller Lkw aus der Zukunft

Mit Hilfe eines der modernsten Fahrsimulatoren der Welt arbeitet Volvo Truck auf dem neuesten Stand der Sicherheitsforschung.
Der Simulator von innen.
Der Fahrsimulator, der dem schwedischen Straßen- und Verkehrsforschungsinstitut VTI gehört, gilt als einer der modernsten der Welt.

Der Lkw macht eine Rechtskurve und beschleunigt auf dem vor ihm liegenden geraden Straßenabschnitt. Die Motordrehzahl nimmt zu, an den Fahrerhausfenstern rauschen die Bäume vorüber. Die Vibrationen durch den unebenen Fahrbahnbelag sind am Körper deutlich zu spüren. Daran ist nichts Ungewöhnliches – außer, dass alles, was man hört, spürt und sieht, von einem Computer simuliert wird.  

„Die Grundidee besteht darin, die Realität bestmöglich abzubilden. Es sollte genauso klingen und sich genauso anhören, wie wenn man einen Lkw auf einer normalen Straße fährt“, erklärt Kristoffer Tagesson, Werksdoktorand bei Volvo Trucks.

Dieser Fahrsimulator, der dem schwedischen Straßen- und Verkehrsforschungsinstitut VTI gehört, gilt als einer der modernsten der Welt. Mit der laufenden Forschungstätigkeit soll die Sicherheit für aktuelle und zukünftige Fahrzeuge verbessert werden. Volvo Trucks ist einer von mehreren Partnern in der Transportbranche, die im Simulator Forschungen durchführen, um die sichersten Lkw der Welt zu entwickeln. 

Die Kollisionstests sind hervorragend – sie sind atemberaubend anzusehen und gehören zudem zu den effektivsten Möglichkeiten, die Lkw-Kapazität bei einer Kollision zu testen. Doch Verkehrssicherheit ist unendlich viel mehr als nur eingeschlagene Fenster und Windschutzscheiben und verknautschtes Blech. 

„Bei einem Kollisionstest können wir sehen, was zum Zeitpunkt des eigentlichen Aufpralls passiert. Aber was geschieht zuvor? Wie können wir erfahren, ob die aktiven Sicherheitssysteme den Fahrer in einer kritischen Situation nicht ablenken, sondern ihm tatsächlich helfen? Das ist die Art von Fragen, die hier untersucht wird“, erläutert Kristoffer Tagesson.

Die Grundidee hinter dem Simulator besteht darin, die Realität bestmöglich abzubilden. Es sollte genauso klingen und sich genauso anfühlen, wie wenn man einen Lkw auf einer normalen Straße fährt.

Er sitzt im Kontrollraum, in dem eine Reihe von Computern dokumentiert, wie der Testfahrer fährt, beobachtet und sich auf der Straße positioniert. So werden gewaltige Informationensmengen gesammelt. Einer der Hauptvorteile dieses Fahrsimulators, bei dem es sich um eine relativ neue Art der Prüftechnologie handelt, besteht darin, dass der Fahrer nun bereits frühzeitig in die Entwicklung neuer Produkte einbezogen werden kann. 

„Bislang war es erforderlich, zuerst alles zu bauen – Straßen, Fahrzeuge und Sicherheitssysteme – bevor Tests durchgeführt werden konnten, um zu sehen, wie es in der Praxis funktioniert. Jetzt hingegen können wir dies parallel tun“, berichtet Kristoffer Tagesson.

Anders ausgedrückt: Der Fahrsimulator macht es möglich, bereits hier und jetzt neue Fahrzeuge in zukünftigen Umgebungen zu testen. Peter Nilsson, ein weiterer Werksdoktorand bei Volvo Trucks, wirkt an einem solchen Projekt mit. 

„Der Arbeit an der Entwicklung von Fahrzeugen und Infrastruktur liegt eine langfristige Perspektive zugrunde. Mit diesem Simulator, der im Grunde jede Straßenumgebung visualisieren kann, können wir diese Entwicklungen zusammen optimieren“, erklärt er. 

Peter Nilssons Projekt trägt den Namen „Safe Corridors“ und erforscht Wege, wie man für 27 bis 34 Meter lange Lastzüge sichere Korridore finden kann. 

„Ich bin überzeugt, dass diese langen Lastzüge voraussichtlich zwischen 2020 und 2030 auf den Straßen rollen werden, da sie eine sehr umwelteffiziente Alternative darstellen. Bis dahin müssen wir jedoch einen Weg finden, dem Fahrer das Fahren zu erleichtern, denn es ist eine echte Herausforderung, die genaue Position des Aufliegers zu kennen“, erläutert Peter Nilsson.

 

Folglich wird es in der Zukunft mit Hilfe eines ausgeklügelten Fahrersystems möglich sein, dass das Fahrzeug selbst eine sichere Position für sich auf der Straße berechnet. Dabei verwendet es Informationen von der umgebenden Straße, Schildern und anderen Fahrzeugen. 

„Der Gedanke ist, dass dieses autonome System eingreifen und vom Fahrer die Kontrolle übernehmen kann, wenn es sieht, dass sich das Fahrzeug außerhalb des sicheren Korridors befindet. Unsere Herausforderung besteht jetzt darin, herauszufinden, wie diese Übertragung stattfinden sollte, denn es ist wichtig, dass sie sich für den Fahrer natürlich anfühlt.“

Vor kurzem wurde im Fahrsimulator ein Test durchgeführt, bei dem 20 Fahrer zwei verschiedene autonome Fahrsysteme testeten. Danach wurden sie gebeten, subjektiv zu bewerten, welches der Systeme besser sei. Da jedoch ein erfahrener Fahrer besser als jeder andere weiß, wie sich ein Fahrzeug auf der Straße verhalten soll, erlaubte Peter Nilsson den Testfahrern auch, den überlangen Lastzug selbst zu fahren. 

„So konnten wir aufzeichnen und objektiv analysieren, wie diese erfahrenen Fahrer einen 30-Meter-Lastzug auf anspruchsvollen Straßen fuhren. In der Zukunft werden wir dies als Teil der Grunddokumentation nutzen können, wenn wir sichere Korridore entwickeln und dieses autonome System konzipieren. 

Ermöglicht werden die Tests durch die ausgeklügelte Technologie des Simulators. Der Simulator befindet sich auf zwei sich überkreuzenden Schienen, die es ermöglichen, das Erlebnis des Vor- und Rückwärtsfahrens und des Wendens nachzubilden. Das Fahrerhaus kann sich auch in vertikaler Richtung bewegen. Dadurch entsteht ein realistisches Fahrerlebnis, was die Lenkfunktionen und Fahrgestellvibrationen anbetrifft.

Durch Erstellen dieses ausführlichen Bildes vom Fahrerverhalten können wir Verbesserungspotenzial für unser eigenes Sicherheitssystem identifizieren.

Das Fahrerhaus ist außerdem mit zehn Kameras ausgestattet, die das Verhalten des Fahrers dokumentieren. Fünf Kameras befinden sich sichtbar an der Windschutzscheibe vor dem Fahrer. Sie arbeiten mit Infrarotlicht, um sämtliche Augenbewegungen des Fahrers zu erfassen und aufzuzeichnen. Dies ermöglicht den Forschern, genau zu sehen, wo, wann und wie oft der Fahrer auf die Straße schaut oder beispielsweise den Blick auf sein Telefon und GPS (Satelliten-Navigationssystem) richtet. 

Fünf der Kameras sind im Fahrerhaus gut verborgen, so dass der Fahrer sie kaum bemerken kann. Sie dokumentieren weitere typische Tätigkeiten der Fahrer – von der Handhabung des Lenkrads bis zur Betätigung von Gas- und Bremspedal mit dem Fuß. 

Ein weiteres spannendes Projekt, das Volvo Trucks momentan durchführt, hat zum Ziel, eine mathematische Beschreibung des Fahrerverhaltens zu finden – ein so genanntes Fahrermodell. Dieses soll später eingesetzt werden, um die aktiven Sicherheitssysteme zu evaluieren.

 

Bereits auf dem Markt befindliche Systeme wie der Kollisionswarner mit Notfallbremse wurden im Simulator getestet. 46 Fahrer saßen einer nach dem anderen im Simulator, ohne zu wissen, was während ihrer Fahrt passieren würde. Nach 30 Minuten Fahrt wurde eine kritische Situation simuliert und das Sicherheitssystem aktiviert. 

„Dies ermöglicht uns, zu sehen, wie schnell der Fahrer auf die Warnung reagiert, wie er die Situation mit und ohne System bewältigt und ob Menschen, die bereits Erfahrungen mit dem System besitzen, anders reagieren. Durch Erstellen dieses ausführlichen Bildes vom Fahrerverhalten können wir Verbesserungspotenzial für unser eigenes Sicherheitssystem identifizieren“, erklärt Gustav Markkula, ein Werksdoktorand, der für dieses Projekt verantwortlich ist. 

„Als Forscher ist es wichtig, dass man die Gelegenheit erhält, unsere Fahrer zu treffen und zu hören, wie sie tatsächlich über unsere Produkte und Lösungen denken. Ich glaube, das ist der Schlüssel zum Erfolg.“