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Die sechs größten Herausforderungen für die Lkw-Branche - und wie man sie bewältigen kann

Anders Petersson
2024-04-21
Kraftstoffeffizienz Driver’s World
Author
Anders Petersson
Leiter Transportindustrieanalyse

Ein effizientes und profitables Speditionsunternehmen zu führen, ist alles andere als einfach und bedeutet oft, dass mehrere Hürden gleichzeitig überwunden werden müssen. Hier sind die sechs größten Herausforderungen, vor denen Speditions- und Transportunternehmen heute stehen.

 

1. Anpassung an eine unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklung

Der Transportsektor ist seit jeher ein zyklisches Geschäft und stark von der Konjunktur abhängig. In den letzten Jahren mussten sich viele Unternehmen an eine noch nie dagewesene weltweite Pandemie, eine Lieferkettenkrise, eine Lebenshaltungskostenkrise, einen starken Inflationsdruck und rasch steigende Zinssätze anpassen. Die Sicherstellung eines rentablen Betriebs trotz all dieser Hindernisse ist eine ständige Herausforderung, insbesondere da zukünftige Entwicklungen schwer vorhersehbar sind.
 

„Während eines Abschwungs kann man nicht viel gegen die großen Dinge tun, die die Wirtschaft insgesamt beeinflussen“, sagt Michael Browne, Professor an der Universität Göteborg, der seit über 30 Jahren zu Gütertransport und Logistik forscht. „Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die kleineren Dinge, die Sie kontrollieren können. Dies ist eine gute Gelegenheit, mehr Informationen über die Leistung Ihres Unternehmens hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, Fahrzeiten und Routenplanung einzuholen und Bereiche zu ermitteln, in denen Sie sich verbessern können.“
 

Ebenso wichtig ist es, die Betriebseffizienz in Aufschwungphasen zu maximieren, da dies dazu beiträgt, dass das eigene Unternehmen beim nächsten Abschwung flexibler und widerstandsfähiger wird.

Da ein erheblicher Teil der Betriebsausgaben einer Flotte auf den Treibstoff entfällt, wirken sich schwankende Preise enorm auf das Geschäftsergebnis eines Unternehmens aus.

2. Minimierung der Kraftstoffkosten

Der Kraftstoff kann über 40 % der gesamten Betriebsausgaben einer Flotte ausmachen. Daher kann selbst eine kleine Preiserhöhung einen großen Unterschied für das Endergebnis eines Unternehmens bedeuten.
 

Wie in der gesamten Wirtschaft sind die Preise unvorhersehbar und häufig geopolitischen Ereignissen unterworfen, auf die der Flottenbesitzer keinen Einfluss hat. Dennoch gibt es Möglichkeiten, den Kraftstoffverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren.
 

„Kraftstoffeinsparungen klingen zwar selbstverständlich, dennoch überrascht es mich, wie viele Transportunternehmen keine Daten zu ihrem Kraftstoffverbrauch bereitstellen können, weil sie ihn nicht messen“, sagt Michael.
 

„Wie können Sie ohne dies Möglichkeiten zur Kostensenkung finden? Ein gut ausgebildeter Fahrer sorgt zum Beispiel für einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch und kann seine Routen besser planen. Aber man braucht Daten, um zu wissen, wo und wie das Training eingesetzt werden sollte.“
 

Lesen Sie mehr darüber, wie man kraftstoffeffizientes Lkw-Fahren fördert, und wie die Technologie zur Fahrerentwicklung beitragen kann

 

3. Ein kritischer Mangel an Fahrern

Der weltweite Fahrermangel verschärft sich weiter, und die neuesten Prognosen gehen davon aus, dass er sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln wird. Dadurch wird es für die Transportunternehmen immer schwieriger, ihren derzeitigen Betrieb aufrechtzuerhalten, geschweige denn zu erweitern und auszubauen.
 

Diese Herausforderung kann nicht einfach durch eine Erhöhung der Löhne gemeistert werden, denn auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein wichtiger Faktor. In diesem Fall bedeutet Work-Life-Balance nicht unbedingt lange Arbeitszeiten, sondern auch längere Abwesenheit von zu Hause.
 

„Das Durchschnittsalter der Fahrer ist hoch, was darauf hindeutet, dass es eine unattraktive Branche für jüngere Leute ist“, sagt Michael. „Die Arbeitszeiten, die von ihnen erwartet werden, der Stress, dem sie während der Arbeit ausgesetzt sind, oder die Tatsache, dass es für sie attraktivere berufliche Alternativen gibt: Das sind nur einige der Gründe, warum das so ist.“
 

Eine Veränderung der Arbeitsbedingungen kann dazu beitragen, diese Wahrnehmung des Berufs zu verändern. Ein Teil des Problems liegt laut Michael jedoch darin, dass sich Forscher und politische Entscheidungsträger nicht ausreichend mit den Fahrern beschäftigen. „Es ist erstaunlich, wie wenig akademische Forschung über Fahrer betrieben wurde. Es gibt Leute, die über alles Mögliche schreiben, von der Aerodynamik bis hin zu autonomen Fahrzeugen, aber es gibt eine große Lücke im Verständnis des Fahrers und der Rolle, die er spielt.“
 

Erfahren Sie mehr darüber, wie man Fahrer gewinnen und halten kann, oder wie man dem Fahrermangel begegnen kann

Viele Lkw-Besitzer warten mit der Elektrifizierung, bis die Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut ist. Doch diejenigen, die früh einsteigen, können möglicherweise als Erste die Vorteile nutzen.

4. Anpassung an die Energiewende

Immer strengere Emissionsvorschriften und die wachsende Nachfrage des Marktes nach nachhaltigeren Transportmitteln bedeuten, dass Transportunternehmen zunehmend unter Druck stehen, vom Diesel wegzukommen.
 

Eine Reihe von Großstädten, darunter Paris, Athen, Madrid und Stockholm, planen bereits ab 2025 ein Verbot von Dieselfahrzeugen in ihren Innenstädten. Weniger sicher ist jedoch, welche Energieträger stattdessen verwendet werden sollen. Aus diesem Grund verharren viele Unternehmen in einer abwartenden Haltung. Dabei laufen sie jedoch Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
 

„Es besteht ein wachsendes Interesse an alternativen Kraftstoffen, aber noch immer große Unsicherheit darüber, wann der richtige Zeitpunkt ist, etwas in dieser Richtung zu unternehmen“, sagt Michael. „Im Moment wagen nur einige wenige Unternehmen den ersten Schritt. Wenn sich der Markt weiter entwickelt, werden wir irgendwann einen Wendepunkt erreichen, an dem die Unternehmen plötzlich sehen, dass alle ihre Konkurrenten umsteigen, so dass sie es auch tun
 

Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Wege zu einer Zukunft ohne fossile Kraftstoffe für Lkw oder über die Palette alternativer Kraftstoffe.

Ein sicherer und geschützter Parkplatz für die Nacht trägt nicht nur zum Schutz der Waren bei, sondern gibt den Fahrern auch das Gefühl, wertgeschätzt und unterstützt zu werden.

5. Sichere Parkplätze finden

Für Fahrer wird es immer schwieriger, sichere Parkplätze für Übernachtungen zu finden, so dass sie gezwungen sind, an unsicheren Orten zu parken.
 

Dies ist ein wachsendes Problem in der gesamten EU, und besonders akut ist die Situation in den USA, wo nach Angaben des US-Verkehrsministeriums (USDOT) nur ein Parkplatz auf 11 Lkw kommt. Die EU hat bereits Vorschriften eingeführt, um ein ähnliches Szenario auf europäischen Straßen zu verhindern. Der Zugang zu sicheren Parkplätzen bleibt jedoch eine Herausforderung.
 

„In Gegenden wie Kent in Großbritannien, wo so viele Lastwagen den Kanal überqueren, parken die Fahrer an allen möglichen Stellen, zum Beispiel auf engen Straßen, einfach weil es nicht genügend sichere Abstellmöglichkeiten für sie gibt“, sagt Michael. 

„Es ist merkwürdig, dass wir den Fahrern die Verantwortung für so große und teure Fahrzeuge übertragen, die mit wertvollen Gütern beladen sind, ihr Wohlergehen jedoch nicht ernster nehmen.“

„Einige Fahrer beschweren sich auch darüber, dass sie bei der Auslieferung nicht einmal Zugang zu grundlegenden Einrichtungen wie Toiletten haben. Ich finde es merkwürdig, dass wir den Fahrern die Verantwortung für so große und teure Fahrzeuge übertragen, die mit wertvollen Gütern beladen sind, ihr Wohlergehen jedoch nicht ernster nehmen.“
 

Ein Teil des Problems ist die Unsicherheit darüber, wer für die Bereitstellung derartiger Einrichtungen verantwortlich sein sollte. Zwar kann man von den Transportunternehmen nicht erwarten, dass sie das Problem allein lösen, doch sie können ihren Fahrern helfen, indem sie ihnen beispielsweise die Kosten für die Nutzung sicherer Einrichtungen erstatten.
 

Dadurch wird nicht nur ein besserer Schutz ihrer Waren gewährleistet, sondern auch, dass sich ihre Fahrer wertgeschätzter fühlen, was wiederum zu einer höheren Fahrerbindung beiträgt.

6. Anpassung an die zukünftige Stadtplanung

Die großen Trends in der Stadtplanung drehen sich derzeit um die Schaffung lebenswerterer Städte durch Konzepte wie 15-Minuten-Städte, Healthy Streets und Complete Streets. Allerdings wird bei solchen Konzepten häufig die Rolle des Güter- und Logistikverkehrs übersehen, obwohl dieser einen so großen Anteil am Verkehrsfluss einer Stadt hat.
 

„Dies bedeutet, dass Stadtplaner den Güterverkehr manchmal nicht berücksichtigen und keinen Platz dafür einplanen“, sagt Michael. „Bei Neuentwicklungen sollte der Güterverkehr immer mitbedacht werden – etwa indem in großen Gebäuden, in denen viele Lieferungen eingehen, ausreichend Ladeflächen vorhanden sind.“
 

Michael ist jedoch davon überzeugt, dass sich die Lage verbessert und dass die Stadtbehörden beginnen, dem Gütertransport mehr Beachtung zu schenken.
 

„Seit der Pandemie ist die Lieferkette in aller Munde, und plötzlich wird dieser Begriff täglich in den Medien in einem Ausmaß verwendet, das vor einigen Jahren noch unvorstellbar war. Ich denke, dies spiegelt ein breiteres Verständnis dafür wider, wie wichtig Güter- und Logistikströme für die Gesellschaft sind, und die Städte arbeiten immer stärker mit Verkehrsbetreibern zusammen, um Lösungen für komplizierte Probleme im städtischen Güterverkehr zu finden.“